No. 1 – das Betthupferl aus Folge #1
16. September 2024No. 3 – das Betthupferl aus Folge #3
14. Oktober 2024No. 2 - Das Betthupferl aus Folge #2
Von Catherine Faber
“Zehn Euro in die Fluchkasse, Herr Brettschneider!”...
... raunt Karin ihrem Sebastian zu, während sie sich routiniert ihre Lieblingstasse – ebenfalls geziert mit den Konterfeis der Nachkommen – aus dem Regal angelt. Der verurteilte Ehemann steht ganz klein mit Hut (bzw. ja nur mit Bademantel bekleidet) und immer noch sichtlich verwirrt neben der weiterhin harmlos wirkenden Kaffeemaschine, die bis auf ein bisschen Gebrodel und Gebrummel keinen Stimmlaut mehr von sich gibt.
“Na wird’s bald?”, setzt Karin nach und gießt sich aus der stummen Kanne einen großen Schluck des heißen Muntermachers ein.
Da hilft wohl keine Widerrede. Geflucht hat er – und zwar ganz schön heftig – und das auch noch vor Karin und den Kindern. Zehn Euro hält Sebastian zwar für etwas überteuert, doch die “Fotzn” und die “Ogsoachte Brunzkachl” wiegen doch schwerer als eine einfache “Blöde Kuh”. Das scheint einleuchtend – und man möchte ja eigentlich ein gutes Vorbild für den Nachwuchs sein.
Resigniert trottet Sebastian in den Flur und kramt den rindsledernen Geldbeutel aus seinem Rucksack, als er hinter sich ein leises Kichern vernimmt. “Hihihihi...”
Doch weit und breit ist keines der Kinder in Sicht und Karin schmiert bereits mit Feuereifer die Pausenbrote für die kleinen Racker. „Mmmh, veganes Leberwurstbrot“, denkt Sebastian und schüttelt den Kopf, als ob dieser dadurch wieder klarer würde. Gerade als er in Richtung Karin und Fluchkasse zurückstapfen will, um seine schwere Fluch-Schuld zu begleichen, da passiert es wieder.
“Hihihihiih…Psssst”, tönt es aus der hintersten Ecke der Garderobe. “Seeeebaaaaastüüüüüaaaan”, säuselt die Stimme. “Komm doch mal hier rüüüüüber!”
“Ja Sackl Zement, das darf doch wohl nicht wahr sein, bin ich jetzt wirklich komplett wahnsinnig?”, denkt Sebastian wütend und wirft einen flüchtigen Blick in die Küche, um sicherzugehen, dass die Hüterin der Fluchkasse noch abgelenkt ist. Vorsichtig, den Geldbeutel mit der rechten Hand fest umklammert, während die linke nach dem Schalter der Stehlampe tastet, bewegt er sich Schritt für Schritt in Richtung Schuhschrank. Mit einem “Klick” erhellt sich die Ecke im Flur.
“HHHHHHEEEEY! LICHT AUS!” fährt es Sebastian wie ein Donnergrollen entgegen. Erschrocken und mit einem lauten “Wuaaaah”, leistet er der Anweisung aus dem Nichts erstmal folge und knipst die Lampe wieder aus.
“Sebastian, ist alles in Ordnung? Kommst du?” hört er Karin aus der Küche rufen.
“Ja, bin gleich da, muss nur noch schnell was nachschauen, Schnuckiputz!”, antwortet er.
Auf alles gefasst knipst Sebastian die Lampe wieder an und schaut sich um. Nichts und niemand ist zu sehen. Da kommt ihm ein Gedanke.
“Hallo, bist du da? Sag mal, bist du der Pumuckl?”, fragt er leise in die Ecke hinein. Keine Antwort. Vielleicht hat er sich ja einen unsichtbaren Kobold eingefangen. Schon länger verfolgt ihn der Gedanke, woher die Ideen zu Fabelwesen, Aliens und Co. wohl herrühren. Vielleicht gibt es die ja wirklich und jetzt wird er Teil eines elitären Kreises an Personen, die – wie einst der Meister Eder– einen besonderen Freund an die Seite gestellt bekommen.
“Ah ge, so ein Schmarrn” brummt die Stimme. “Was soll denn bitte ein Pumuckl sein? Ich bin hier hinten, bück dich halt mal!”
“Auf gar keinen Fall werde ich - “ setzt Sebastian an, da überkommt ihn doch die Neugierde und er beugt sich hinunter in die schmale Lücke zwischen Schuhschrank und der linken Wand vom Gäste-WC.
Ein totes Eck in diesem Haus, über das er sich schon so oft aufgeregt hat. Aber nur dort – und wirklich nur dort – war es dem Techniker damals angeblich möglich gewesen, den Anschluss für das Internet zu legen. Nur dort konnte dieser vermaledeite W-LAN Router angebracht und deswegen der Schrank nicht bis ganz an die Wand gerückt werden. “Was für eine Platzverschwendung”, denkt Sebastian grollend, während er den fröhlich blinkenden Router anblickt.
“Da bist du ja endlich”, spricht ihn dieser plötzlich ganz ernst an, “und jetzt mein lieber Sebastian, hörst du mir mal ganz genau zu, wenn du heute noch deinen Gilmore Girls Schnulzenkram streamen willst. Sonst dreh ich hier nämlich den Internet-Hahn zu…”