
No. 11 – das Betthupferl aus Folge #11
3. Februar 2025
No. 13 – das Betthupferl aus Folge #13
11. März 2025No. 12 - Das Betthupferl aus Folge #12
Von Catherine Faber
“Wie zum Geier sollen mir denn solche unangenehmen Situationen dabei helfen, die Welt zu retten?,” raunt Sebastian wütend in Richtung Kühlschrank.
Er sortiert seine Einkäufe routiniert in die Küchenschränke ein. Das Erlebnis in der Metzgerei hallt noch deutlich in ihm nach. Die Blicke der anderen Kunden, die spitzen Bemerkungen der Verkäuferin, sein unkontrolliertes Stammeln – alles spielt sich erneut vor seinem inneren Auge ab. Und jetzt soll das Erleben solcher Peinlichkeiten einen tieferen Sinn haben? Während er daran denkt, steigt ihm die Schamesröte ins Gesicht. Sebastian stöhnt und lehnt sich erschöpft gegen die Arbeitsplatte.
Danach war er noch im Supermarkt. Milch, Brot, Eier und was sonst noch so in im Einkaufswagen einer ganz normalen Familie landet, besorgen. Doch die Angst vor einer weiteren ungewollt peinlichen Situation ließ ihn wie mit Scheuklappen durch den Laden rasen.
Ganz normale Familie. Ja, alle bis auf ihn vielleicht. Normal ist das nämlich nicht. Immer noch zweifelt er den Auftrag an, den Snørre ihm übermittelt hat. Angeblich, so hat es ihm sein Plappergeist erzählt, entstamme Sebastian einer alten Dynastie, einer Herrscherfamilie, die damals dafür sorgte, dass die Seelenwächter in ihr Bergverlies eingesperrt wurden.
So. Ein. Unsinn.
Er, Sebastian Aurelius Brettschneider - Erbe einer Herrscherdynastie? Papperlapapp, das ist vollkommener Humbug! Wir sind hier doch nicht in einem Film oder einem Buch. Wir sind hier im Leben, im echten Leben, in Deutschland. Sowas gibts nicht!
Und obendrein soll ausgerechnet er sich erinnern, wo dieses Verlies ist, damit wir die Seelenwächter freilassen und die auf der Welt ihr Unwesen treibenden Geister hinübergleiten können in irgendein ewiges Licht. Halleluja, was für ein Quatsch!
Erinnern, an etwa,s das ich selbst nicht erlebt habe?
Sebastian erschaudert. Snørre hat ganz besondere Methoden angekündigt, damit seine Hirnwindungen auf Hochtouren kommen. Angeblich ist Scham ein ganz bedeutendes Werkzeug, damit Geistesblitze entstehen und vererbte Erinnerungen bei den Nachgeborenen zu Tage gefördert werden können.
"Snørre, du elendes Nervengespenst!" faucht er und schlägt mit der Faust gegen den Kühlschrank.
"Ja, bitte?" Die freche Stimme dringt aus dem Inneren des Kühlschranks. Sebastian seufzt.
"Warum machst du das nur mit mir?”
"Weil wir diese Info brauchen. Und nichts bringt vererbte Erinnerungen schneller ans Tageslicht als der heiße Stich der Peinlichkeit." Snørres Stimme klingt belustigt.
“Bist du bereit für die nächste Runde? Die Kinder kommen ja erst in zwei Stunden aus der Schule”, fährt der Plappergeist fort.
Sebastian rollt mit den Augen. “Nein, nein, nein. Und nochmal nein!”
“Ach komm schooooon!”
In dem Augenblick klingelt es an der Haustür.
Das kann nut der Postbote sein, denkt Sebastian und läuft mit schnellen Schritten aus der Küche zur Haustür – doch als er sie öffnen will, schwingt sie wie von Geisterhand von selbst auf und knallt ihm hart gegen den Kopf.
"Autsch! Verdammt!" Sebastian taumelt einen Schritt zurück und hält sich die Stirn. "Warst du das?!" schimpft er.
"Also bitte, warum sollte ich sowas tun?"
Der Postbote steht verdattert vor der Tür, hält ein Paket in der Hand und mustert Sebastian, der sich immer noch die Stirn reibt, auf der nun eine rote Beule prangt.
"Äh, ist bei Ihnen alles in Ordnung?"
"Ja, ja!" Sebastian reißt sich zusammen, schnappt das Paket und versucht, souverän zu wirken. "Tolle Tür heute, nicht wahr?"
"Äh… sicher." Der Postbote zieht eine Augenbraue hoch. "Sie müssten hier noch unterschreiben."
Sebastian nimmt den kleinen, verkabelten Stift entgegen und setzt ihn am Touchpad an, das ihm der Postbote unter die Nase hält. Doch anstatt seinen Namen zu schreiben, malt er – wie von Plappergeisterhand – nur viele kleine Herzchen auf das Gerät.
Nun wandert auch die zweite Augenbraue des Postboten nach oben.
Stille.
"Okay, das war neu", murmelt der Postbote und mustert das Kunstwerk auf dem Touchpad.
“Tut mir leid, schönes Wetter noch für sie!” Sebastian schließt die Tür.
Mein Gott. Wenn das so weitergeht, bin ich verloren.