No. 5 – das Betthupferl aus Folge #5
11. November 2024No. 7 – das Betthupferl aus Folge #7
9. Dezember 2024No. 6 - Das Betthupferl aus Folge #6
Von Catherine Faber
Wer hätte denn ahnen können, dass dieser Brettschneider die ganze Zeit vor ihm davonglaufen würde?
Ja, Heimgesuchte reagieren je nach Wesen natürlich sehr unterschiedlich auf die neue Bekanntschaft mit seinesgleichen, mit ihrem persönlichen Plappergeist also. Aber quer durch eine halbe Ortschaft hatte er noch keines seiner Opfer verfolgen müssen – schon gleich gar nicht im Körper eines Nagetiers!
Unzufrieden dreht sich der Plappergeist in Eichhörnchengestalt um die eigene Achse. Viel zu aufwändig, denkt er - obendrein müffelig und vor allem anstrengend. Der Geist des Tierchens kämpft so stark gegen ihn, um wieder die Kontrolle über den flauschigen Körper zu gewinnen, dass ihm schon ganz flau ist. Noch schlimmer war die Bibliothekarin. Er erschaudert.
"Höchste Zeit, die Situation schnellstens unter Kontrolle zu bringen!”, denkt Snørre, während er dem Chaos auf der Straße einen flüchtigen Blick über die Schulter zuwirft, "wir haben schon viel zu viel Aufmerksamkeit erregt – der Rat wird nicht gerade begeistert sein.”
Am liebsten spukte Snørre bei den Personen, für die er von der obersten Riege der Plappergeister eingeteilt wurde, nur im Haus umher und sprang von Elektro-Gerät zu Elektro-Gerät. Am meisten Spaß machte es, wenn er sich in elektrische Zahnbürsten oder in Rasierapparate zwängte. Das gab immer eine Mordssauerei - und er mochte Sauereien.
Doch diesmal erwiesen sich Situation und auch der Auftrag als anders. Er sollte diesem ständig fluchenden Sebastian Brettschneider nicht nur gehörig auf die Nerven gehen, sondern auch testen, ob der Kerl für die große Mission bereit war...
Schnurstracks tippelt Snørre in seinem rostroten Eichhörnchen-Körper die Stufen zur Kirchentür hinauf, sammelt sich kurz und windet sich aus der geliehenen Hülle. Ein kaum merkliches Flimmern erscheint über dem Kopf des Tierchens, verwandelt sich in einen zuckenden, dunklen Schatten, der mit einem Satz Richtung Türklinke springt, und sich leise rasselnd darin manifestiert. Die Klinke bewegt sich nach unten, die Tür öffnet sich einen Spalt, wieder ein Flimmern, ein rascher Schatten, ein Sprung – und Snørre landet im Körper von Sebastian. Wenn es nicht anders geht, dann eben so.
"Und dann kam dieses Eichhörnchen und hat mir in den Finger…” Seine rechte Hand erhoben, den verletzten Zeigefinger nach vorne gereckt, versucht Sebastian gerade, sich mit einer verworrenen Geschichte vor der Hochzeitsgemeinde für die Störung zu rechtfertigen, als es in ihm knallt und er mit einem Mal die Kontrolle über sich selbst verliert. Er fühlt sich benommen, bekommt nur noch schwer Luft, und alles fühlt sich ganz und gar eng an in ihm. So, als wäre da noch jemand. Zwar kann er noch denken, jedoch ist er nicht mehr Herr seines Körpers. Erschrocken nimmt er wahr, wie er mit der erhobenen Hand zu winken beginnt, während sich seine Beine langsam aber sicher rückwärts auf die Kirchentür zu bewegen. “
"Auf Wiedersehen und viel Glück für die Zukunft”, krächzt er gegen seinen Willen und schließt hinter sich die Pforte …